Sonntag, 14. August 2011

Steckengeblieben

Russlands Vater (Vor seiner 73er Jawa)

Der heutige Tag sollte mich eigentlich in einem entspannten Rutsch von Kazan nach Ufa fuehren.
Leider hat die Antriebskette meines Motorrades einige unnatuerliche Schleifspuren an der Aussenseite aufzuweisen.Ich untersuche die gesammte Kettenfuehrung und sehe,das an der Stelle wo der Kettenschleifer die kette vor einer Beruehrung mit dem Rahmen schuetzt,nur noch eine Schraube baummelt.
Der Rahmen ist unter der Schraube metallisch blank geschliffen.
wenn ich den neuen Ketten-Kit noch eine Weile fahren will sollte ich mir was einfallen lassen.
Der Kettenschleifer ist eigentlich ein Stueck plastik das mit 2 Schrauben am Rahmen gehalten wird und die Kette vom Rahmen fernhaelt.Da ich heute noch weiter will sind jegliche wartezeiten auf Honda-ersatzteile ausgeschlossen.Ich laufe also zur Garage und halte die Augen offen.Was ich brauche ist ein massives Stueck Hartplastik (ABS/PP).Auf dem Weg komme ich an einer wilden Muellkippe vorbei.Leider gibts hier nur alte Dosen und etwas Verpackungsfolie,dafuer finde ich an der Strasse im Grass eine abgerissene Gummifeder von einem Lkw.Ein massives Stueck Gummi.ich bin mir nicht sicher ob Gummi der Reibungswaerme einer schleifenden Kette lange genug Standhaelt aber ich lasse es auf einen Versuch ankommen.
der Vater meines Gastgebers wartet schon an der Garage und ist mir beim zurechtschnitzen des Gummiblocks behilflich.In Russland ist es anscheinen ueblich Goldzaehne auch im Sichtbereich zu verbauen.Russlans Vater begruesst mich auf Deutsch "Guten Tag" und lacht ein im wahrsten sinne des Wortes "Goldiges Laecheln".Fast alle Zaehne sind aus Gold.Ein Anblick den ich sonst nur aus den Hip-Hop-Videos nicht mehr existierender Fernsehsender kenne.Dann machen wir uns an die Arbeit. Leider ist der klotz zu kurz um beide schraubenloecher benutzen zu koennen.Daher schneide ich ihn hinten halbkreisfoermig ein damit er sich auf dem Rahmen abstutzen kann und sich nicht in die Kette dreht.
Dann wird noch ein 8mm-Loch in den Klotz gebohrt und fertig ist der neue Kettenschleifer.Als wir den Klotz montieren zeigt Ruslans Vater auf sich und sagt "Erfurt" und dann "Hassleben",Spaeter erfahre ich von meinem Gastgeber,das sein Vater als Soldat in Deutschland Stationiert war.

Stau

freie Platzwahl

Jetzt Fahre ich aber wirklich los...und mitten in den Stau.Erst kann ich den Stau in einer Baustelle noch mit Hilfe des Navigationssystems umfahren das sich aehnlich flexibel wie ich verhaelt und immer eine neue Route errechnet wenns mal nicht weitergeht.
Dann laueft der Stau auf eine Bruecke zu ueber die wir alle muessen,ob mit oder ohne Navi.
Ich ordne mich erstmal ein,vielleicht gibts ja doch ein "Stop and Go".Aber nichts passiert,ich stehe 15min ohne das sich irgendwas bewegt.Um mich herum lassen Leute ihre Autos stehen und gehen zu Fuss,andere fahren ueber die Baustelle.Ein Mann mit freiem Oberkoerper rennt wuetend an der Strasse entlang und schmeisst die Absperrhuetchen in den Strassengraben.Ich stehe bei 36Grad in der Sonne und mein mattschwarzer Helm wird langsam von innen Warm.Ich fahre auf den Buergersteig und setzte meine Fahrt hier fort,dann ueber die noch nicht asphaltierte Baustelle vorbei an offenen Gullis und Sandpassagen.Schliesslich freie Fahrt.... 

ich fahre 200 Km an langsamen Lkws und flachen landschaften vorbei.die Strasse ist leider einspurig.Das bedeutet das jeder Lkw der zu langsam ist einzeln ueberholt werden muss.Die Fahrer in der Gegenrichtung haben das gleiche Problem.Leider nehmen manche Verkehrsteilnehmer dabei wenig Ruecksicht auf Motorradfahrer oder sehen mich schlichtweg gegen die Sonne nicht sehen.
wenn man eine pause macht,darf man danach alle Lkws nochmal ueberholen....

Trotzdem ist mir nach fast 5 stunden Stau und gefahre verschaeft nach einer Pause zu mute.Irgendwo wird sich ein Platz im Schatten finden lassen um der brennenden Sonne zu entgehen.Aber nicht direkt an der Hauptverkehrsstrasse.
ich biege auf eine kleine Schotterweg,dann nochmal auf einen Feldweg.Nach ca.200m komme ich zuerst an einer wilden Muellkippe vorbei dann kommen ein paar Pfuetzen.
Als ich gerade durch eine der Pfuetzen fahre gibt es ein sirrendes gerauesch und das Motorrad sinkt unter mir weg.Mit einem zischenden Gerauesch tauchen die heissen Auspuffkruemer insWasser.ich schaue nach hinten und sehedas sich das hinterrad bis zur Achse eingegraben hat.Der Ort ist denkbar unguenstig den ich habe als Ort fuer die durchfahrt der Pfuetzeden schmalen Damm in der Mitte gewaehlt.
Das bedeutet das Rechts und Links von mir Wasser ist.Trotzdem muss das Motorrad jetzt stabilisiert werden.Ich stelle den linken Fuss in das Wasser und versinke erst mal bis zum Knoechel.
Jetzt stehe ich ueber der Maschine und versuche vorsichtig das entlastete Hinterrad aus dem Schlamm zu kriegen.Das Hinterrad dreht durch und bedeckt mich und die Umgebung mit einem Schlammregen.Wenn ich jetzt von der Maschine steige wird sie nach Rechts oder Links unfallen,der Seitenstaender ist hier nicht zu gebrauchen.Als erstes Fliegen der Helm und die Jacke an den Rand des Sees.Mir ist beim Hin und her schieben naehmlich wieder dezent Warm geworden.Das freut die Muecken,die sofort in einer kleinen Wolke um mich kreisen.
Dann versuche ich die Maschine zu entladen waehrrend ich auf ihr sitze.(Seit diesem Vorfall bringe ich alle Gurte so an,das ich sie im Sitzen erreichen kann.)
der Rucksack ist schnell befreit und fliegt mit Schwung zum Helm.Fuer die Kisten muessen die Schloesser von hinten geoeffnet werden.Vorsichtig steige ich ab und halte dabei die Maschine mit einer Hand gerade.Die andere umfasst den Schluessel fuer die die Koffer und versucht mit einer gestreckten Handbewegung an die Schloesser zu kommen.Es ist so heiss,das mir der Schweiss auf dem weg nach unten in die Augen laueft und von meiner Nase tropft um vom T-Shirt aufgesaugt zu werden.
Das Wasser lauft gleichzeitig angenehm kalt in beide Stiefel.Dann habe ich die Koffer abgefummelt und werfe
sie auch an den Rand der Grube.
"Nass-Sumpfschmierung"
Die Maschine ist inzwischen soweit eingesunken das sie von alleine steht.Ich versuche nochmal sie ohne Gepaeck freizuschieben nichts passiert.beim versuch die Maschine am Gepaecktraeger anzuheben federt als erstes das hintere Federbein aus,dann sinke ich mit beiden Fuessen ein, anstatt das Hinterrad anzuheben.Dafuer wuerge ich beim spielen mit der Kupplung den Motor ab.
Jetzt gehe ich auf die Suche nach Material zum unterfuettern der Maschine.In der umgebung finde ich einige lose Baumstaemme die ich in die Pfuetzeschmeisse.Dann laufe ich zurueck zu der wilden Muelldeponie.Irgenjemand hat sich die Muehe gemacht einen kompletten Kuehlschrank in diesen schoenen Wald zu fahren.
mit ein paar tritten entferne ich die Tuer vom Kuehlschrank und schleife sie zum Motorrad.Damit koennte es gehen.Inzwischen muss das Motorrad dank Schlamm-Parkkralle nicht mehr Stabilisiert werden und ich habe die Haende frei um ein paar muecken zu erschlagen.Leider erwische ich eine erst am ende der saugphase und auf einmal klebt mir nicht nur Schlamm, sonder auch Blut an den Haenden.
Da faellt mir die kleine Dose "OFF" ein.Das Mueckenschutzmittel das ich in einen Supermarkt gekauft habe.Ein Laecheln huscht ueber mein Gesicht.Leider weiss ich immer noch nicht wie man es genau anwendet.Aber mit schlammverkrusteten Haenden ziehe ich den Deckel ab und Spruehe mir erst mal die Arme ein.Der Effekt setzt sofort ein,die Muecken sind weg und es kuehlt ein bischen.Aber im Gesicht schmerzen die Stiche am meisten.Also halte ich mir die Dose vor den Kopf und druecke ab.
Es brennt sofort tierisch,ich haette mir auch Traenengas ins Gesicht spruehen koennen.Zum Glueck habe ich die Augen zu gemacht,so das ich das Elend noch mit ansehen kann.
.Jetzt Schmeisse ich die kuehlschranktuer mitsamt den Baumstaemmen in die pfuetze.Mit dem Stiefel druecke ich unter dem Kickstarter solange in den Schlamm bis ein Loch entsteht.dann trete ich mit Wucht in die Pfuetze und der Motor laueft wieder.Gleichzeitig habe ich einen bitteren Geschmack im Mund als das "Off" vom Schweiss weggewaschen wird.
ich stehe wie ein Surfer auf der Kuehlschranktuer und schmeisse Holz unters Hinterrad.Anschliessend schiebe ich die Maschinewieder vor und zurueck.Schliesslich komme ich frei...
Wuerden sie diesem Mann ihre Kreditkarte anvertrauen?
Als naechtes Baue ich mein Mueckenzelt aus und entledige mich der Motorradhose und der Stiefel.Obwohl ich fast nackt unter dem moskitonetz liege hoere ich nicht auf zu schwitzen.Ich Meditiere ueber kuehlenden Fahrtwind,dann schlafe ich erst mal ein,fahrer und Maschine brauchen eine Abkuehlung.

Als ich aufwache ist es etwas kuehler.Als erstes greife ich mir meinen Kapuzenpullover und Impfe ihn mit "OFF".Besonders der Rand der Kapuze und die Aermel muessen dran glauben.Dann ziehe ich die Kapuze zu,so das ich rumlaufe wie Kenny aus "South Park".(Wer hier aus modischen Gruenden die Kordel aus seiner Kapuze entfernt hat.muss mit offenem Visier kaempfen.)
Ich packe alle Sachen zusammen und fahre ca.50Km.Dann hat die Kette allen schlamm abgeschuettelt und ist bereit fuer die letzte Oelung.Gleichzeitig wird es dunkel.Ich sage in Ufa bescheid das ich spaeter komme und schlage mein Lager an einem Fluss auf.Fuer heute reichts...

industrie-Romantik auf dem Weg nach Ufa












2 Kommentare:

  1. Oh Flo! Du hast mein u-n-e-n-d-l-i-c-h-e-s Mitgefühl (wegen der Mückenpest) und größte Hochachtung vor der Glanzleistung das Bike aus dem Schlamm-Molloch zu befreien! Auf dem Selbstportrait siehst du wirklich völlig fertig aus (sorry!)... Aber ehrlich, ich wäre am liebsten dabei gewesen... Kühlschrank surfen (geil!) wird vielleicht der nächste Szene-Sport, wa?
    Die Bilder sind super-geil. Jetzt gibt es zurr Buchstabensuppe auch die passenden Bildchen :-)
    Viele Grüße, die Daheimgebliebene

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  2. im schlamm spielen hätten wir hier auch können mein lieber .. hört sich jedenfalls so an, als ob der gepäckträger hält - freu ick mir! .. pass weiter gut auf dich auf! ganz lieben gruss
    pierre

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