Mittwoch, 24. August 2011

lost and Found in Irbit

Road to Irbit



Irbit ist eine kleine Stadt 250km Suedlich von Jekaterinburg.hier befindet sich das Irbiter Motorradkombinat oder die Ural-Werke.Hier wurde ein Bmw-Motorrad nachgebaut das die Russen im zweiten Weltkrieg erbeutet hatten.Das Gespann lief unter dem Namen Ural einige Millionen mal vom Band.
Gut,dachte ich mir,es liegt fast auf der Strecke,also besuch ich es.

Leider hatte ich die Rechnung ohne mein Navigationssystem gemacht.schon in Chejablinsk hat die 12V Stromversorgung rumgesponnen.Deswegen habe ich Michail (meinem Gastgeber) noch ein altes Handyladegeraet abgequatscht,damit ich das Navi wenigstens an der Steckdose laden kann.
kurz vor Jekaterinburg ist die Spannung ganz weg und das Navi sagt Tschuess.Ich fahre auf der Suche nach einer Steckdose durch die Stadt.
 Bei einem halt an einer Ampel sehe ich an einem Baumen einen offenen Verteilerkasten fuer irgendwelche Lichterketten.innen drin 2 16 Ampere Sicherungen und eine Steckdose.
 Ich zaubere das Ladegeraet raus und will fuer Spannung sorgen.Leider hat die Natur mich einige Zentimeter zu kurz gemacht.Aber dafuer habe ich ja die rollbare Leiter mitgebracht.
Ich stelle die XL an den Baum,steige auf die Fussraste und ramme den Stecker einhaendig ins Ziel.
An der Ampel nebenan steht eine Famillie und guckt.Das Kind zeigt auf mich.Ich mache mein "Noch nie einen Mann gesehen,der einen Stecker in die Steckdose steckt?"-Gesicht.
 wenn jetzt jemand wegen Stromklau die Miliz ruft bin ich gern bereit den Notfall zu erklaeren.
Nichts passiert,ich lade 2 Stunden das Navi.
Emergency power suply


Dann fahre ich weiter nach Irbit.unterwegs mache ich das Navi aus um Strom zu sparen,denke ich zumindest.Tatsaechlich zieht das An und Ausmachen an Kreuzungen und in Doerfer incl.Satelit finden mehr Strom als den Kasten einfach die ganze Zeit anzulassen.
30km vor Irbit geht das Navi aus.Ich habe mir zum Glueck als sich die Elektrischen navigationsprobleme ankuendigten von Michail alle Staedte entlang meiner Route in Kyrilisch aufschreiben lassen.Diese Zettel steckt in meinem Analog-Notebook (Notizbuch)und ist vor Stromausfaellen sicher.
Ich vergleiche den Zettel mit dem wegweiser Schreibweise und Distanz stimmen.Ich rolle 30min spaeter in Irbit ein.
Church converted into factory


Ich habe einen Kontakt in Irbit,aber meine SMS werden nur auf russisch beantwortet.Ich spreche kein Russisch,schreibe ich auf Englisch.30min spaeter trifft eine noch laengere russische SMS ein.
Gleichzeitig ist der Akku-Balken meines Handys dem Ende nahe.
Es gab mal einen Versuch eine "Weltsprache" einzufuehren,jetz spuere ich,welchen Graben sie haette ueberwinden koennen.
Sogar,wenn mein Kontakt Englisch gesprochen haette,waere es mir schwer gefallen mit ihm einen Treffpunkt auszumachen.Ich kann die Strassennamen nicht lesen,die englischen uebersetzungen stecken in dem Navigationsgeraet.Ich versuche einen markanten punkt zu finden (Ikea gibts hier nicht)Schliesslich bleibe ich vor einem Einkaufszentrum stehen.
ich kriege keine Nachrichten mehr.Ich beschliesse aus der Stadt rauszufahren um an der Navi-Stromversorgung zu basteln.
Tool-time!




Auf einem Feldweg halte ich an und packe mein Werkzeug aus.Das Navi Laedt an der Steckdose korrekt,also liegt der Fehler auf der Steckerseite an meinem motorrad.ich messe die 12V-Versorgung und die Sicherung durch,alles korrekt.ich versuche die Nadeln meines messgeraetes in den Mini-Usb Stecker des Garmin zu druecken.Hier liegen 5V an,aber nur wenn ich gegen den Schutzkontakt des Usb-Steckers messe.ich mehm den Akku aus dem Garmin und messe an den Pins fuer die Stromversorgung des Akkus,hier kommen gerade noch 0,8V an obwohl der Stecker drin steckt.
Ich schneide den Stecker ab nachdem ich die Zuendung ausgemacht habe.
Am blanken Kabel kommen 5V an.Also doch der Stecker.jetzt gilt es einen neuen Mini-USB-Stecker an die Kabel anzuschliessen.Ich habe dias Garmin-Datenkabel und das ladegeraet von Michael zur Auswahl.In Irbit habe ich keine Elektronik-Laeden gesehen,sonst haette ich da eins kaufen koennen.Nur das Ladekabel von Michael hat den richtigen Kabelquerschnitt.ich habe ein paar quetschverbinder mit denen ich den Originalzustand des Ladegeraetes wieder herstellen kann falls es nicht klappt.Aber ein funktionierendes Navi am Motorrad ist mir im moment lieber als an der Steckdose.
Ich schneide das Kabel vom Ladegeraet Ab und bastle es ans Motorrad.
ich verbinde das Garmin mit dem Stecker.der Monitor leuchtet noch einmal auf und wird dann schwarz.
Dann passiert nichts mehr.
Zwischendurch regnet es und der Boden wird zu Matsch.Alles was mir runterfaellt oder den Boden beruehrt ist sofort mit klebrigem braunen schlamm ueberzogen.
Ich beschliesse nochmal in die Stadt zu fahren um nach dem Museum zu fragen wegen dem ich eigentlich hier bin.Schliesslich finde ich es und notiere die Adresse.
Dann fahre ich durch Irbit und suche den Motorradladen den ich auf dem Hinweg gesehen habe.

Walera with his family

Als ich an einer Kreuzzung ein Foto mache geht die Maschine aus weil sie noch kalt ist.Gleichzeitig faengt es wieder an zu regnen.
Zwi betrunkene zeigen sich Interessiert und geben kommentare ab waehrrend ich versuche das Motorrad anzutreten.Dann sind sie weg ,werden aber gleich durch die naechste Stimme ersetzt die mich fragt woher ich komme und ob ich ein Hotel brauche.
Ich habe den Blick auf meinen Kickstarter gesenkt um in dem beginnenden Regen nicht abzurutschen und mich zu verletzen.
"All Right?" fragt die Stimme aus dem nichts.
Nein,eigentlich ist nichts "All right".Das Navi ist leer und warscheinlich durch herumgebastle zerstoert,der Akku von meinem Handy piept und sogar mein messgeraet zeigt ein Batteriesymbol an.
gleichzeitig ist mein einziger Kontakt in Irbit nicht zu erreichen.Wenn ich in diesem dorf keine bleibe finde muss ich wieder im wald uebernachten.
die Tropfen fallen jetzt dichter,ich stehe im warten Sinne des wortes im Regen.
Ich schaue nach oben in das ehrliche Gesicht von Walera und sage "Nein"
Er bittet mich ihm zu folgen,auf einmal springt die Maschine problemlos an.
Er fuehrt mich zu einem der aelteren Haueser in der Strasse.Ich habe mich im vorbeifahren gefragt, ob sie noch bewohnt sind.Ich schaetze das Baujahr auf etwa 1900.Tatsaechlich wird mir Walera spaeter sagen,das sein Haus 200 Jahre alt ist.Und das sieht man.Der Putz ist schon lange abgefallen zusaetlich fehlen Komplette Steinreihen aus der Aussenmauer die von Rissen durchzogen ist.
Die Fenster in dem lichtlosen Hausflur sind durch Plastikfolie ersetzt,trotzdem riecht es im Hausflur nach "zu Hause".
So kaputt das Haus aussen aussieht,so gemuetlich ist die Wohnung innen.
Walera stellt mir seine Frau und den Hund vor.Ich zeige den beiden die Kontaktnummer fuer Irbit auf meiner Liste und sie rufen sofort an.
Walera spricht kurz in das Telefon,dann zeigt er auf den Hoerer und sagt "Mongolia".
Jetzt fangen Walera und seine Frau an,alle nummern auf der Liste anzurufen.Bevor ganz Russland meinen Namen kennt Waehle ich auf meinem Handy die Nummer von Ruslan aus Kazan und lasse in Uebersetzen.
Es stellt sich heraus das mein Kontakt aus Irbit gerade mit dem Motorrad in der Mongolei ist.Waleras Frau die Friseurin ist kennt den Mann aber aus ihrer Schulzeit und schneidet ihm die Haare.
Walera moechte das ich bei ihm uebernachte,ich nehme dankend an.
Als erstes gilt es das Motorrad abzuladen und sicher abzuparken.Walera hat zum Glueck eine Garage hinterm Haus.Diese ist allerdings keine Steingarage,sondern eher ein groesserer Holzschuppen.
Vorher muss aber umgeparkt werden.Als erstes holt Walera einen "Oka"-Kleinwagen aus der Garage.Ein nebenprodukt der Kamaz-Lkw-Fabrik (vergleichbar mit dem Fiat500).
Dann sehe ich wie Walera im Schatten auf ein Motorrad-gespann aufsteigt.Bevor ich ihm helfen kann,es rueckwaers rauszuziehen,bewegt es sich schon mit motorkraft rueckwaerts.
Es gibt nur ein Gespann mit Rueckwaertsgang aus russischer Produktion.
Walera faehrt ein himmelblaues Vehikel auf den Hof.
"Ural" ruft er und zeigt mit dem Daumen nach oben.
Jetzt stehen wir beide lachend im Regen.

Nach dem Essen fahren wir zu Waleras Tochter.Sie wohnt in einem Plattenbau,5 min. entfernt.Ich stelle mich vor und bemuehe danach das Internet um mein Navigationsproblem zu loesen.
Im Forum von Garmin tummeln sich haufenweise Leute,die das gleiche Problem haben.Zitat:"Das Zumo 220 ist wasserfest,der Stromanschluss leider nicht."dazu hat jemand ein Foto gepostet auf dem ein Garmin mit uebergezogenem Kondom zu sehen ist.
Ich kontaktiere den Garmin Kundendienst und Schildere auf Englisch mein Problem und meinen Standort.Dann schaue ich nach offizielen Garmin-Haendlern.Es gibt genau 2 fuer Russland,beide in Moskau.
Der Garmin-Support versichert mir,das sich innerhalb von 3 ein Techniker von Garmin per E-mail mit mir in Verbindung setzt.Am naechsten Tag erhalte ich eine automatisch generierte E-mail mit der Adresse der 2 Laeden in Moskau und der bitte auf diese E-mail nicht mehr zu antworten.Damit ist der Garmin-support erstmal erschoepft.

Am naechste Tag fahren wir mit Waleras Oka los um zumindest ein 230V Ladegeraet aufzutreiben.Der Naechste Garmin-shop ist in Moskau.Aber das Garmin benutzt eine Standard Mini-USB-Buchse.Nach einigen gesuche treibe ich in einem Handyladen ein Ladegeraet auf das passt .Kosten: 2,50E Als wir das Garmin im Laden Testweise anschliessen,geht es.Ich bin erleichtert.Das instandsetzen des alten Ladegeraetes hat sich nicht realisieren lassen.Ich finde erst abends raus weshalb.Da ich keine Abisolierzange bei mir habe,wurden die Kabelenden von mir eingeschnitten und dann mit den Zaehnen abisoliert.Die billig-Netzteile sind allerdings im Stecker nur geklemmt.Beim abziehen der Isolierung habe ich im Stecker das Kabel herausgezogen.
Ural-Test-drive


Dann faehrt Walera mit mir und seiner Ural zur Pumpe,Wasser holen (Die Wasserversorgung in seinem Haus ist kaputt und wird auch nicht mehr repariert.)
Auf dem Rueckweg faehrt er mit mir an den Fluss.Dann steigt er ab und sagt "Test Drive".
Das lasse ich mir nicht zweimal sagen und fahre zum ersten mal in meinem Leben Gespann.
Steuerung und Kurvenfahren ist gewoehnungsbeduerftig.Der Motor ist laut und das Getriebe schaltet Knirschend.Als ich dann versuche,das Gespann mit dem Rueckwaertsgang zu bewegen,komme ich voellig durcheinander.Nicht schlecht fuers erste mal.
(Ex) Ural-Factory

Dann fahren wir mit der Ural zum Uralwerk!
Leider wurde das Werk vor einigen Wochen geschlossen.Die Maschinen stehen noch in den Hallen,aber sie werden nicht mehr in Betrieb genommen.Die Letzte Russische Motorradfabrik ist geschlossen.
Aber es gibt noch ein Ural-Museum.Eine sehr Lohneswerte Ausstellung (siehe Fotos).
In der Sammlung sind verschiedene Modelle aus der Geschichte von Ural zu sehen.Incl. der Beutemaschine,die als Vorlage gedient hat.
Ural-Museum




Das zweite Museum in Irbit ist das Geschichtsmuseum,das aus 3 Rauemen besteht.
Die gesammte Ausstellung ist auf Russisch.In einem Raum sind verschiene Einrichtungsgegenstaende aus einer Kirche zu sehen.Ich vermute,das es sich um Archaeologische Funde handelt,bis ich ein Schwarz-Weiss Foto von der Kirche sehe.Um das Kirchengebaeude zieht sich eine Staubwolke.
"Sprengung" sagt Walera."Alt?" frage ich.
"Nein, Ideologie"antwortet er.Tatsaechlich wurde in kommunistischen Zeiten die Stadtkirche gesprengt.
Eine weitere Kirche wurde zu einer Fabrik umgewandelt.Hierzu wurden u.a die Buntglasfenster herausgeschlagen und durch Stahlfensterrahmen ersetzt.Ich habe am ersten tag ein Foto von dieser Kirche gamacht und mich gewundert,warum man eine Fabrik direkt daneben baut.Jenseits von politischen und Religiosen Diskussionen versuche ich zu erahnen was alleine an Kunstwerken zerstoert wurde.
Ich versuche mir eine aehnliche Situation in Deutschland vorzustellen es gelingt mir nicht.

4 Kommentare:

  1. flo, was für ein navi von garmin ist das?

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  2. Ich habe noch Kondome rumliegen - der Bedarf scheint ja da zu sein... ;-)

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  3. Solange hinter der Stimme aus dem Nichts noch ein Mensch steckt, ist alles in Ordnung. Falls du demnächst aber allein in der Тундра Gespräche führst, beginne ich mir Sorgen zu machen.

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